Der Himmel im Juli 2022

Der Himmel im Juli 2022
BildDer Himmel im Juli 2022

Der Sternenpodcast Juli 2022

Ihr Audioguide für die Sterne. Ob zuhause mit der Sternkarte oder unterwegs unter freiem Himmel - Planetariumsdirektor Thomas Kraupe führt Sie zu den interessantesten Sternbildern und Himmelsereignissen – jeden Monat neu und kostenlos.

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Dieser Podcast des Planetarium Hamburg wird Ihnen in Zusammenarbeit mit dem Hamburger Abendblatt präsentiert - mit freundlicher Unterstützung unserer Audio-Partner Prime Time Studios und Audio Consulting Group.

Erde in Sonnenferne

Viele kennen den 4. Juli als „Independence Day“, an dem die US-Amerikaner ihre Unabhängigkeit feiern. Doch auch für unseren Planeten ist es ein besonderes Datum. Denn um 09:10 Uhr Mitteleuropäischer Sommerzeit (MESZ) ist die Erde auf ihrer Reise um die Sonne am weitesten von ihrem Stern entfernt. Sie befindet sich in Sonnenferne – und das mitten im Sommer. „Anfang Januar waren wir der Sonne rund fünf Millionen Kilometer näher“, sagt Prof. Thomas W. Kraupe, Direktor des Planetarium Hamburg. „Diese Differenz lässt sich dadurch erklären, dass die Umlaufbahn der Erde wie eine Ellipse geformt ist, die von einem formvollendeten Kreis abweicht. So schwankt die Sonnendistanz im Laufe des Jahres um plus-minus 1,7 Prozent um den Mittelwert von 149,6 Millionen Kilometern.“

Dass wir uns trotz größerer Entfernung zur Sonne mitten im Sommer befinden, liegt an der Schrägstellung der Erdachse. Diese beschert uns einen höheren Sonnenstand und längeren Tagbogen der wärmenden Sonne. Im Gegensatz dazu herrscht auf der Südhalbkugel derzeit Winter mit niedriger Sonne und kurzen Tagen. Der Entfernungsunterschied hat also keinen dominierenden Einfluss auf die Jahreszeiten.

„Eines bewirkt die Sonnenferne aber dennoch: Unsere Erde läuft langsamer um die Sonne und so ist unser Sommerhalbjahr, von Frühlings- bis Herbstbeginn, tatsächlich um rund fünf Tage länger als das Winterhalbjahr“, erklärt Prof. Kraupe. „Wer es nicht glaubt, der kann das im Kalender einfach nachzählen.“

Groß und hell: der „Super-Donnermond“

In der Nacht vom 13. auf den 14. Juli steht der Juli-Vollmond westlich von Saturn im südlichsten Tierkreissternbild Schütze. Dieser Juli-Vollmond wird auch „Bockmond“ oder „Donnermond“ genannt, denn zum einen befindet sich das Geweih eines Rehbocks zu dieser Zeit im vollen Wachstum und zum anderen kommt es im Monat Juli häufig zu Gewittern. Die exakte Vollmondstellung tritt am 13. Juli um 20:37 MESZ ein – dann stehen sich Sonne und Mond am Himmel genau gegenüber. „Da unser Trabant nur wenige Stunden zuvor in Erdnähe gelangt, ist dies ein sogenannter ‚Supervollmond‘, der uns besonders groß erscheint – auch weil dieser Sinneseindruck diesmal durch seine geringe Höhe noch verstärkt wird“, sagt Prof. Kraupe. „Tatsächlich ist es sogar der dritte von vier ‚Supervollmonden‘ in Folge. Vollmonde in Erdnähe erscheinen uns rund sieben Prozent größer und rund 14 Prozent heller als ein durchschnittlicher Vollmond. Zur Verdeutlichung des Unterschieds ziehen viele den Vergleich zwischen einer Zwei- und einer Ein-Euro-Münze heran.“

Obwohl unsere Erde bei Vollmond zwischen Mond und Sonne steht, kommt es dabei zu keiner Mondfinsternis. Denn die Mondumlaufbahn ist um etwa fünf Grad zur Erdbahn geneigt. Deshalb haben wir nicht jeden Vollmond eine Mondfinsternis und nicht jeden Neumond eine Sonnenfinsternis. Tatsächlich steht der Juli-Vollmond diesmal beinahe am weitesten südlich der Erdbahnebene. So wird er vom Erdschatten weit verfehlt.

Parade des Mondes entlang der Planeten

Die planetenlosen Abende sind vorüber: Saturn geht bereits vor 24 Uhr MESZ am Südosthorizont auf und eröffnet den Planetenreigen. Nur kurze Zeit später folgen der noch viel hellere Riesenplanet Jupiter und auch Mars. Saturn leuchtet unterhalb des „Sommerdreiecks” im Sternbild Steinbock und Jupiter weiter östlich in den Fischen. Der Gasriese nähert sich seiner Oppositionsstellung zur Sonne, die er Mitte August erreichen wird.

„Die Begegnungen des Mondes mit den großen Planeten zählen zu den schönsten Momenten in den kurzen und hellen Julinächten“, sagt Prof. Kraupe. „Nachdem er am 13. Juli als ‚Supervollmond‘ den Himmel zierte, zieht der Mond weiter ostwärts durch die Tierkreissternbilder Steinbock, Wassermann und Fische. Dabei wandert er von uns aus gesehen unterhalb an den beiden Riesenplaneten Saturn und Jupiter vorbei.“

Zuerst nähert er sich Saturn. Sobald der Mond am 15. Juli gegen 23:30 Uhr MESZ im Südosten aufgeht, thront der gelbliche Ringplanet rund vier Grad über ihm. Bis 3 Uhr morgens steigt das schöne Paar höher in die Südrichtung. Dann folgt Jupiter: In der Nacht vom 18. auf den 19. Juli ziehen der Mond und der Gasriese nur wenige Minuten nach Mitternacht am Osthorizont herauf. „Es lohnt sich, in dieser Nacht bis gegen 2 Uhr wach zu bleiben, um weiter links daneben auch noch den roten Planeten Mars im Sternbild Widder zu entdecken. Der abnehmende Mond steuert bis zum 21. Juli auf ihn zu“, so Prof. Kraupe. „Am Morgen des 22. Juli prangt die abnehmende Mondsichel schließlich knapp links neben Mars, der Ende Juli bereits heller und auffälliger geworden ist.“  Gegen 3:30 Uhr taucht in der nun schon recht hell werdenden Morgendämmerung Venus als strahlender „Morgenstern“ am Nordosthorizont auf. Tatsächlich sind dann außer Merkur alle Planeten gleichzeitig am Himmel. „Wir erkennen die freisichtigen Planeten sogar in der richtigen Reihenfolge ihrer Sonnendistanz“, bemerkt Prof. Kraupe. „Venus im Nordosten, Mars mit unserem Erdmond im Osten, Jupiter im Südosten und Saturn im Süden.“  Bis zum 26. Juli können alle Frühaufsteher oder Spätheimkehrer verfolgen, wie der abnehmende Mond sich Nacht für Nacht näher an Venus heranpirscht und am Morgen des 26. Juli seine schlanke Sichelgestalt genau über ihr steht.

Frühes Sommerfeuerwerk zum Monatsende

Der Rückzug des Mondes vom Nachthimmel begünstigt in der letzten Juliwoche die Beobachtung von Sternschnuppen. Auch die Nächte werden zum Monatsende langsam wieder länger und damit auch etwas dunkler. „Da trifft es sich gut, dass sich vom 28. bis 31. Juli das Maximum der ‚Südlichen Delta Aquariden’ ereignet und wir uns in diesen Nächten auf eine zunehmende Zahl von Sternschnuppen freuen können“, sagt Prof. Kraupe. Ihr Ausstrahlungspunkt, der „Radiant“, liegt östlich des Saturn im Sternbild Wassermann (Aquarius). Diesem verdanken sie auch ihren Namen. „Winzige Staubkörner aus den Schweifen von Kometen prasseln auf unsere Erdatmosphäre und verglühen hoch über unseren Köpfen“, so Prof. Kraupe weiter. „Ende Juli sind auch die ersten Partikel des Kometen Swift-Tuttle dabei, die als ‚Perseiden’ bekannt sind, da ihr Radiant im Sternbild Perseus, nahe dem ‚Himmels-W’ gelegen ist. Dieses Jahr haben wir daher bereits Ende Juli gute Bedingungen für ein nächtliches ‚Feuerwerk‘, denn am 28. ist Neumond und kein Mondschein stört bei der Beobachtung dieses Spektakels.“

Von Frühlings- zu Herbststernen

Halbhoch im Westen schält sich abends ein rötlich funkelnder Stern aus der Abenddämmerung – es ist Arktur im Sternbild Bärenhüter. Der Frühlingsstern ist eine Riesensonne, die mehr als zwei Millionen Mal weiter von uns entfernt und fast 70-mal größer ist als unsere Sonne. Das Licht seiner glühenden Sternoberfläche benötigt 36 Jahre, bis es uns erreicht. Trotz dieser Entfernung von 36 Lichtjahren sehen wir Arktur als hellen Stern am Abendhimmel, da er nahezu eine 1200-fache Sonnenleuchtkraft besitzt.

„Fast gleich hell funkelt der 27 Lichtjahre entfernte Sommerstern Wega in der Leier abends hoch über uns. Zusammen mit Deneb im Schwan und Atair im Adler bildet er das ‚Sommerdreieck‘. Dabei handelt es sich um ein riesiges gleichschenkeliges Sternendreieck, das wir jetzt die ganze Nacht sehen können“, sagt Prof. Kraupe. „Wega, der hellste Stern dieser Formation, hat fast schon die Zenitstellung erreicht, während Atair im Adler nur halb so hoch im Südosten leuchtet.“ 

Das Lichtband der Milchstraße zieht sich von Süden nach Norden durch das Sommerdreieck. Es zeigt sich nur unter besten Sichtbedingungen abseits störender Lichter in seiner vollen Pracht. „In Norddeutschland müssen wir bis zum August warten, um die Milchstraße wieder in dunkler Nacht genießen zu können“, merkt Prof. Kraupe an.

Tief am Südhorizont leuchtet der rötliche Riesenstern Antares im Skorpion. Darüber finden wir ein großes Sternenoval. Es stellt den Schlangenträger dar, den griechischen Gott „Aesculapios“. Es gilt als Begründer der Medizin und Schiffsarzt der Argonauten. Der Sage nach war seine Heilkraft so groß, dass er sogar Tote zum Leben erwecken konnte. Dies beunruhigte Pluto, den Gott der Unterwelt, so stark, dass er Zeus überredete, ihn aus dem Weg zu räumen, indem er ihn unter die Sterne versetzte.

Im Nordosten steigt die Zick-Zack-Linie des „Himmels-Ws“, die Kassiopeia, empor, während auf der anderen Seite des Nordsterns die sieben Sterne des „Großer Wagen“ zum Nordwesthorizont sinken. Sogar die ersten Sterne des Herbstes zeigen sich nun schon vor Mitternacht: der Pegasus und die Sternenkette der Andromeda, aus denen vier auffällige Sterne das helle „Herbstviereck“ bilden.