Der Himmel im Mai 2020

Der Himmel im Mai 2020
BildDer Himmel im Mai 2020

Der Sternenpodcast Mai 2020

Ihr Audioguide für die Sterne. Ob zuhause mit der Sternkarte oder unterwegs unter freiem Himmel - Planetariumsdirektor Thomas Kraupe führt Sie zu den interessantesten Sternbildern und Himmelsereignissen - jeden Monat neu und kostenlos.

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Dieser Podcast des Planetarium Hamburg wird Ihnen in Zusammenarbeit mit dem Hamburger Abendblatt präsentiert - mit freundlicher Unterstützung unserer Audio-Partner Prime Time Studios und Audio Consulting Group.

Abschied vom Abendstern

Strahlend hell leuchtet der „Abendstern“ Venus bereits kurz nach Sonnenuntergang über dem Westhorizont. Ende April hatte Venus bereits den „größten Glanz“ erreicht und übertrifft auch im Mai alle anderen Gestirne an Helligkeit. Am 4.Mai steht Venus im Sternbild Stier in knapp 28 Grad Höhe über dem Himmelsäquator – der Fachmann spricht von „Deklination“ – in einer extrem nördlichen Position und ist darum außergewöhnlich gut zu sehen. Das nächste Mal können wir Venus erst wieder im April und Mai 2028 so günstig abends beobachten! Allerdings nimmt die Sichtbarkeit in diesem Monat drastisch geringer – am 13. Mai wird Venus im Sternbild Stier stationär und stürzt danach geradezu auf die Sonne zu, um am 3.Juni zwischen Erde und Sonne treten. Venus nähert sich mit Riesenschritten unserer Erde – zu Monatsbeginn ist Venus 63 und am Monatsende nur noch 43 Millionen Kilometer entfernt – weniger als ein Drittel der Entfernung der Erde zur Sonne. Im Laufe des Monats Mai wächst daher der scheinbare Durchmesser der Venus – Man erkennt schon mit einem guten Fernglas, wenn man es ruhig hält und am besten mit aufgestützten Armen beobachtet, ab etwa 10-facher Vergrößerung, dass Venus eine immer größer werdende Sichelgestalt zeigt. Wir blicken nun zunehmend auf die sonnenabgewandte, die Nachtseite unseres Nachbarplaneten.

Zu Monatsbeginn leuchtet Venus noch bis 1 Uhr morgens am Westhorizont – am Monatsende verschwindet sie bereits kurz nach Sonnenuntergang unter dem Horizont. So wird man dann vergeblich nach dem Abendstern Ausschau halten...

Die zweite Maihälfte bietet auch die letzte Abendsichtbarkeit des sonnennächsten Planeten Merkur in diesem Jahr. Am 22.Mai kann man versuchen, den scheuen Planeten 1 Grad links neben dem Abendstern Venus zu sehen. Und am 24.Mai steht links neben Merkur auch noch die dünne Sichel des zunehmenden Mondes.

Ab Mitte Mai bekommt Venus bereits Konkurrenz durch die Internationale Raumstation ISS - jedoch nur jeweils sehr kurzzeitig, gegen Mitternacht: Jede Nacht zieht die ISS als heller „Wanderstern“ von Westen kommend, innerhalb von etwa 5 Minuten, zumeist halbhoch über den Himmel Richtung Osten. In rund 400 Kilometer Höhe wird sie noch von der bei uns knapp unter dem Nordhorizont stehenden Sonne angestrahlt. Die genauen Sichtbarkeitszeiten finden Sie auf der Website des Planetariums.

Während es im Süden Deutschlands bereits dunkle Nacht geworden ist, dauert die „astronomische Dämmerung“ in Norddeutschland die ganze Nacht an. Erst gegen Mitternacht setzen sich die markantesten Sternkonstellationen gegen die Dämmerung durch. Im Nordwesten, über Venus und Merkur funkeln horizontnah der Stern Capella im Fuhrmann und weiter links die beiden Zwillingssterne Kastor und Pollux.

Hoch über unseren Köpfen stehen die sieben Sterne des „Großen Wagens“. Sie bilden den hellsten Teil des viel größeren Sternbildes „Großer Bär“. Verlängern wir den Bogen der Deichsel des „Großen Wagen“, so führt er uns zu dem hellen, rötlichen Stern Arktur im Bärenhüter (lateinisch: „Bootes“). Der Sage nach treibt er den „Großen Bären“ vor sich her. Moderne Astrophysik zeigte dass dieser rötliche Stern eine Riesensonne ist, die mehr als zweimillionenmal weiter von uns entfernt - und fast 70 Mal grösser ist als unsere Sonne. Trotz dieser 36 Lichtjahre Entfernung sehen wir Arktur als hellen Stern, da er nahezu 1.200-fache Sonnenleuchtkraft besitzt.

Ziehen wir den Deichselbogen über Arktur hinaus noch weiter nach Süden, so treffen wir wieder auf Spica, den bläulich funkelnden, hellen Hauptstern des Tierkreissternbilds Jungfrau. „Links neben“ (besser gesagt: östlich) von Spica leuchtet in der Nacht vom 6. auf den 7.Mai der Vollmond im Sternbild Waage.

Wie viele andere Sterne, so ist auch Spica ein „Doppelstern“. Spica besteht aus zwei bläulich leuchtenden, rund 20.000 Grad heißen Sonnen, die einander alle 4 Tage umkreisen. Sie sind rund 260 Lichtjahre von uns entfernt und erscheinen selbst im Fernrohr nur als ein Lichtpunkt. Ihre „Doppelnatur“ verrät sich in einem winzigen, aber periodischen Helligkeitswechsel, da die beiden Sterne sich während des Umlaufs regelmäßig verdecken.

Spica und Arktur sind die beiden hellsten Fixsterne des Frühlingshimmels und bilden gemeinsam mit Denebola, dem Schwanzstern des Löwen, ein großes, nahezu gleichseitiges Sternendreieck - das sogenannte „Frühlingsdreieck“. Über diesem Dreieck, fällt uns unweit der Wagendeichsel noch ein Stern zweiter Größenklasse auf – es ist „Cor Caroli“, der hellste Stern im eher unscheinbaren Sternbild Jagdhunde. Kombinieren wir diesen Stern mit unserem Frühlingsdreieck, so ergibt sich eine großes Raute aus Sternen, die manchmal auch als „Diamant der Jungfrau“ bezeichnet wird. Diese Himmelsregion ist ziemlich sternenarm, denn wir blicken hier genau senkrecht aus unserer Sternenstadt heraus. Das Band der Milchstraße entspricht dieser flachen, nur wenige hundert Lichtjahre dicken Sternenstadt und verläuft im Mai zu unserer Beobachtungszeit entlang des Nordhorizontes.

Hoch im Osten zeigen sich schon die Sommersternbilder: das ausgedehnte Sternbild Herkules folgt dem Bärenhüter und die nördlichsten Sterne des Sommerdreiecks – die helle Wega in der Leier und Deneb im Schwan steigen im Nordosten herauf. Auf der Verbindungslinie von der bläulich-weißen Wega im Osten - hin zu der rötlichen Riesensonne Arktur im Süden – stoßen wir zunächst – auf das trapezförmige Herzstück des Sternbildes Herkules - und näher an Arktur auf den halbkreisförmige Sternenbogen der „Nördlichen Krone“ , die international mit der lateinischen Bezeichnung „Corona Borealis“ bekannt ist, was allerdings nichts mit dem unsäglichen Virus zu tun hat. Übrigens gibt es auch das Sternbild „Corona Australis“ - d.h. die Südliche Krone. Es befindet sich südlich des Schützen und ist nur von südlicheren Breitengraden zu sehen.

In der zweiten Nachthälfte prägen die typischen Sterne des Sommers den Himmel - das vollständige Sommerdreieck mit den Sternen Wega, Deneb und Atair steigen herauf und am Südhorizont funkeln die Sterne des Skorpion. Dann beginnt auch der Auftritt der beiden Giganten - Jupiter und Saturn. Die beiden Riesenplaneten sind zu Monatsbeginn erst gegen 3 Uhr, am Monatsende bereits gegen 1 Uhr morgens am Südosthorizont zu sehen. Venus ist dann längst verschwunden und so ist Jupiter mit Abstand der hellste Lichtpunkt am Nachthimmel. Er nähert sich im Sternbild Steinbock bis auf rund 5 Grad dem östlich von ihm stehenden Ringplaneten Saturn. Der ist deutlich lichtschwächer.

Bis sich gegen 4 Uhr morgens die Dämmerung deutlich verstärkt, ist das Planetenpaar schon etwas höher Richtung Süden gerückt. Herrlich flankiert der abnehmende Mond in den Morgenstunden des 12. und 13.Mai die beiden Planeten. Bis zum 15.Mai rückt er weiter ostwärts zum Planeten Mars, der erst gegen Ende der Nacht am Südosthorizont auftaucht und durch seine rötliche Färbung auffällt. Mars wechselt Anfang Mai vom Steinbock in den Wassermann und wird langsam heller. Im Herbst wird er seinen großen Auftritt am Nachthimmel haben.

 

Ein Artikel von Prof. Thomas W. Kraupe, Astronom und Direktor des Planetarium Hamburg